In Nagoya gibt es eigentlich kaum interessante Sehenswürdigkeiten. Darum kommen auch eher wenige Touristen in die drittgrößte Stadt Japans. Auch für mich ist Nagoya eher eine günstige Übernachtungsmöglichkeit für meine Tageswanderung von Magome nach Tsumago. Trotzdem habe ich hier eines meiner Japan-Highlights: einen Abend im Kimono.
Das japanische Zugsystem und ich werden keine Freunde mehr. Ohne Nachzulesen springe ich heute früh wieder in den nächstbesten Zug. Nach zwei Stationen fällt mir auf, dass ich im langsamen Local-Zug sitze und nicht im Schnellzug. Also wieder zurück zur Chikusa Station und auf den Schnellzug warten. Der kommt nur einmal die Stunde und ich habe ihn natürlich gerade verpasst. Und schwupps sitze ich wieder im langsamen Zug, der gerade einfuhr.
Eine Stunde statt 45 Minuten später komme ich dann an der Nakatsugawa Station an. Hier muss ich dann noch einmal den Bus nehmen. Weitere 20 Minuten später stehe ich dann endlich am Busstopp in Magome.
Japan-Reisetipp Nr. 3: Wanderung von Magome nach Tsumago
Start meiner Wanderung in Magome
Magome ist ein bildhübscher Ort, wie er im Reisebuche steht. Hinter der Bushaltestelle erstreckt sich ein grasgrünes Reisfeld, dahinter erheben sich bereits die ersten Züge der japanischen Alpen.
Die alte Poststadt hatte zur Edozeit die Aufgabe, das damalige Tokyo mit Kyoto zu verbinden. Auf dem ersten Teil der damaligen Post- und Handelsstraße namens Nakasendo werde ich heute entlangwandern.
Erst wohlhabend und kosmopolitisch, hat es die Stadt geschafft, in Armut und Vergessenheit zu geraten. Die heute schön anzusehenden Holzhäuser und tiefem schwarz-braun wurden für die arme Bevölkerung gebaut. Heute sind sie ein Touristenmagnet. Die Hauptstraße, die zum Anfang des Wanderweges nach Tsumago führt, ist wie eine Allee mit ihnen bestückt.
Über die Poststraße Nakasendo von Magome nach Tsumago
Am Ende der Hauptstraße von Magome angekommen, gibt es auch schon einmal einen fantastischen Blick auf die japanischen Alpen. Hier geht es los mit dem 7,7 Kilometer langen Wanderweg nach Tsumago.
Die ersten zwei Kilometer geht es noch an der Straße entlang, dann tauche ich etwas tiefer in den Wald ein. Alle 100 Meter läute ich die Bärenglocke, die angeblich die hier lebenden Bären vor mir warnen und verscheuchen soll. Vorsichtshalber mache ich das jetzt bei jeder, die mir unter die Finger kommt.
Zwischenstopp im Teehaus Tateba Chaya
Nach dem ersten Viertel des Weges erreiche ich dann das Teehaus Tateba Chaya. Der freundliche Gastgeber bietet hier kostenlosen Grüntee an und berichtet liebend gerne von der Geschichte des Hauses.
Dieses soll schon 300 Jahre alt sein. Wir sitzen in der ehemaligen Küche. Hinter mir glüht die Feuerstelle mit dem eisernen Fisch darüber. Der Fisch soll dafür sorgen, dass das Feuer niemals ausbricht und immer die richtige Intensität hat.
Früher schlief man hier um die Feuerstelle herum auf dem Boden. Es gibt zwar ein besseres Zimmer ausgelegt mit Tatami-Matten, doch durften dort nur ganz besondere Gäste wie zum Beispiel das Hochzeitspaar schlafen – es wurde also kaum genutzt.
Highlight des Weges: gleich zwei Wasserfälle
Weiter geht es dann den malerischen Weg durch den Wald. Ab und an komme ich an alte Holzhäuser und Schiebetüren wie aus Pergamentpapier vorbei. Ich werde stets vom Rauschen des Flusses begleitet, bis ich zum Ende des Wanderweges an zwei Wasserfällen vorbeikomme. Ich habe sogar eine Bergziege gesehen, die die Steilwand entlang geklettert ist. Ob sie gerade vor einem Bären geflüchtet ist? Wer weiß.
Das Ziel: Tsumago
Nach etwa drei Stunden komme ich in der alten Poststadt Tsumago an. Auch hier erwarten mich Häuser aus der Edozeit. Einige sind sogar begehbar. Es gibt einige Tempel, Schreine und einen Friedhof. Im Ganzen ist Tsumago größer und wirkt irgendwie authentischer.
Mein Mittagessen besteht heute wieder aus kleinen Häppchen. Was diese angeht, habe ich jetzt meine absoluten Lieblinge gefunden. Zu erst komme ich an einem offenen Haus vorbei. Dort steht scheinbar sein Besitzer hinter einer Vielzahl an dampfenden Holzkästen. Darin: leckere Dampfnudel gefüllt mit allem, was man sich vorstellen kann. Ich entscheide mich für die Beef-Füllung. Dazu gibt es einen kostenlosen Grüntee.
Ein paar Meter weiter verkauft die alte Dame aus dem Fenster heraus. Essen kann man aber im hübschen Innenhof inklusive Goldfischteich. Es gibt Gohei-Mochi, ein softer Reisklumpen würde ich mal sagen, mariniert mit einer Walnuss-Soße. Und Mitarashi-Dengo, Reis-Dumplings in einer süßen Sojasoße. Beides sind regionale Spezialitäten aus der Hida-Region.
Ich schlendere noch ein wenig durch die Gegend, bis ich dann den Bus um 15.25 Uhr zur JR-Station Nagiso nach Nagoya nehme.
Mein Japan-Highlight: einen Kimono tragen
Komplett erschöpft nach meiner Wanderung von Magome nach Tsumago komme ich dann pünktlich zu meiner ersten Hostel-Aktivität zurück. Gerade findet das Nagoya Castle Summer Festival statt und die Frau des Besitzers, Lindsay, will mit uns Hostel-Gästen im Kimono hingehen. Ich bin ganz aufgeregt, will ich doch schon seit ich mit 14 meinen ersten Manga gelesen habe, einen Kimono tragen möchte.
Merken: Das Anziehen eines Kimonos ist Teamwork
Zugegeben, es ist ein sehr einfacher und kein 100 Prozent traditioneller Kimono. Aber für die Ausländerin reicht es. Und ich fühle mich wunderschön. Ich ziehe den Kimono wie einen Hausmantel dann. Mit dem Rest hilft mir Lindsay, weil das alleine unmöglich ist.
Sie steckt den Stoff so weit nach oben, dass der Kimono auf meinen Füßen aufliegt und bindet alles mit einem weißen Stoffband fest. Gerade so, dass ich noch atmen kann. Essen ist heute wohl nicht mehr. Dann wird der Obi (sehr breiter „Bauch-Gürtel“ aus Stoff) schön fest umgebunden. Zum Schluss wird dann eine Schleife (im Original ist es eine Stoffschleife, meine ist aus festem Draht) in den Obi reingesteckt und alle weißen Bänder darunter versteckt. Da meine dicken Ausländer-Füße nicht in die Holzlatschen passen, lasse ich meine Sandalen an.
Im Kimono zum Bon Odori Tanz in Nagoya
Und dann geht es auch schon los. Natürlich bin ich mal wieder die einzige aus dem Hostel, die mitmachen möchte. Insgesamt sind wenige Gäste da und der Rest ist japanisch, hat also wahrscheinlich selbst einen Kimono daheim. Also ziehen wir nur zu viert: Lindsay, ihr Mann, dem das Hostel gehört, und noch einem Hostel-Mitarbeiter.
Auf dem Weg zum Fest löst sich der Kimono ein wenig, sodass ich jetzt einen Schlitz vorne am Bein habe. Auf der Straße mache ich einen kurzen Striptease, bis mich Lindsay wieder in Form bringt. Fühlt sich so ganz schön sexy an, aber leider nicht mehr so traditionell. Ich hoffe, man verzeiht es mir.
Auf dem Festival probieren wir dann einige Spezialitäten wie Tofu in einer dicken Misosoße oder frittiertes Hühnchen in einer süßen Sojasoße. Hauptpunkt des Festivals ist eine große runde Bühne mit Sängern, Tänzerinnen und Instrumenten.
Es findet gerade eine Art japanisches Zumba statt. In echt heißt es „Bon Odori Tanz“. Die Mädels auf der Bühne geben eine Choreo vor und alle machen mit. Ich sehe alte Omis, die auf und abhüpfen, junge Typen, die lauthals mitsingen und süße Mädels im Kimono, die kräftig „Uuuh“ schreien. Und ich mittendrin. Munter tanze ich mit und habe nach einer gefühlten Ewigkeit auch endlich die simplen Tanzschritten verinnerlicht.
Nagoya-Reisetipp Nr. 1: Oasis21 – Nagoya von oben
Nach dem Fest soll es natürlich noch nicht zu Ende gehen. Fix gehen wir noch einmal hoch auf das Oasis21-Gebäude. Die Aussichtsplattform sieht aus wie ein Ufo und ist mit Wasser gefüllt. Von unten sieht man es tagsüber glitzern und fließen. Sehr cooles Gebäude.
Tageswanderung von Magome nach Tsumago und dann noch abends ausgehen – Ganz erschöpft falle ich in mein Hostelbett. Und ich bin überglücklich, dass ich meinen ersten Kimono an hatte.
Meine Ausgaben heute – was kostet Japan?
- Frühstück: Sushi mit und ohne Ei vom 7/11: 3 €
- Mittag: diverse Snacks unterwegs im Teehaus: ca. 8 €
- Bustransfer nach Magome und von Tsumago zurück zur Bahnstation: 4,42 €